Schwerhörigkeit ist eine Belastungsprobe auch für das Umfeld des Betroffenen
Wenn Menschen schleichend oder plötzlich eine Schwerhörigkeit entwickeln, ist dies für sie eine massive Einschränkung im Alltag, in der Kommunikation, in sozialen Kontakten. Aber wie geht es den Angehörigen dabei? Auf welche Belastungen müssen sie sich einstellen, welche Probleme treten bei ihnen auf?
Die Veränderungen im Alltag von Schwerhörigen und Angehörigen
Das soziale Umfeld von Schwerhörigen – Partnerinnen und Partner, Kinder, Freunde, Verwandte – werden durch die Schwerhörigkeit ihres Angehörigen stark beeinflusst. Die Audiologin Vanessa Vas von der Universität Nottingham führte jüngst eine Untersuchung zu diesem Umstand durch, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Trends in Hearing“ veröffentlicht wurden. Ganz typisch ist, dass Angehörige versuchen, die Schwerhörigkeit des anderen zu kompensieren. Dies kann geschehen, indem sie z. B. die Telefonate des betroffenen Menschen übernehmen oder das Radio bzw. TV lauter zu stellen, als sie es sich eigentlich wünschen. Menschen im Umfeld von Schwerhörigen sprechen meist lauter oder wiederholen Sätze, bis sie verstanden werden. Familienzusammenkünfte, Restaurantbesuche oder Abende mit Freunden werden zur gemeinsamen Belastungsprobe, denn die Hintergrundgeräusche machen es Schwerhörigen fast unmöglich, ihr Gegenüber zu verstehen. Wer Gesprächen kaum noch folgen kann, wird einsam, frustriert, fühlt sich schuldig oder klagt oft über mangelndes Verständnis. Viele Schwerhörige fühlen sich weniger wertgeschätzt als früher, weil es andere anstrengt, sich immer wieder auf dieses Handicap einzustellen. Es ist gut nachvollziehbar, dass nicht nur die Schwerhörigen, sondern auch die Angehörigen unter dieser neuen Situation leiden.
Die Ergebnisse der Untersuchung
Vas wollte mit ihrer Untersuchung die Belastungen für die Betroffenen einerseits und die Angehörigen andererseits zusammenzuführen. Wichtig ist dabei, dass das Umfeld des Schwerhörigen diese Veränderung meist früh bemerkt und schon erste Warnzeichen erkennt. Daher sollten sie den Betroffenen rechtzeitig anspornen, sich Hilfe zu suchen. HNO-Ärzte und Hörakustiker sind dann die richtigen Ansprechpartner. Ein Hörtest kann erste Aufschlüsse über die Verfassung des Gehörs geben; weitere intensivere Tests sind möglich und notwendig.
Man muss sich klar machen: Schwerhörigkeit ist fast immer ein dauerhafter Zustand, der nicht einfach wieder verschwindet. Dies betrifft die ganze Familie, daher sollten auch alle in die Entscheidungen mit einbezogen werden. Nicht selten werden die Angehörigen in die Behandlungsplanung gar nicht integriert. Auch die Krankenversicherungen bieten häufig keine Unterstützung für Angehörige von Schwerhörigen. Wenn Menschen aus deren Umfeld einen Audiotherapeuten einschalten, um auch aus ihrer Sicht besser mit der Schwerhörigkeit umgehen zu können, tragen die Kassen in der Regel die Kosten nicht. Dabei ist es so wichtig, die Kommunikation mit dem Schwerhörigen nach bestimmten Erkenntnissen auszurichten. Die Familie muss sich neu begegnen und neu verstehen lernen. Nebengeräusche, die die Kommunikation stören, lassen sich häufig vermeiden, Nachfragen bei Nichtverstehen sollte akzeptiert werden. Angehörige sollten auf eine deutlich akzentuierte Aussprache achtgeben und vor allem den Betroffenen im Gespräch direkt anschauen.
Wenn Sie Angehörige oder Angehöriger eines schwerhörigen Menschen sind, informieren Sie sich bei bei uns im Hörzentro in der Rathausstr. 3 in Rosenheim kostenlos oder bei Ihrem HNO-Arzt, wie sie ihre Kommunikation darauf einstellen können. Wechselseitiger Respekt ist trotz Handicap unbedingt notwendig.